Bauen im Allgäu?
Haben die grünen Wiesen und die bei gutem Wetter sichtbaren Berge des Allgäus einen besonderen Einfluss auf unsere Architektur? Oder haben wir hier wirklich ein solch spezielles Klima, das uns geradezu zwingt, immer ordentliche Vordächer zu planen. Sind es die Allgäuer Eigenheiten unserer gelegentlichen originalen Allgäuer Bauherrn, die unsere Häuser zu Allgäu-Häusern werden lassen? Gibt uns die Allgäuer Geschichte klare Vorgaben, wie wir uns beim Bauen auf die sichere Seite schlagen können? Sollen wir uns als Architekten auf unsere Allgäuer Handwerker verlassen, die doch unsere Bautradition im Blut haben? Sind wir vielleicht gut beraten, die regionalen Allgäuer Bauvorschriften ernst zu nehmen, die ja von Allgäuer Fachleuten und verantwortungsvollen Regionalpolitikern erlassen wurden?
Aber wir haben doch eine gute Ausbildung! Wir hatten hervorragende Professoren, mit Architekturgeschichte, mit Theorien, mit Konzepten und Rezepten. Am Ende des Studiums meinten wir zumindest die „schlechten“ Arbeiten zu erkennen. In den besten Architekturbüros konnten wir Erfahrungen sammeln und es gibt ja wunderbare Fachliteratur, die uns zeigt, wie es geht. Auch die Welt der Künstler liefert viele wertvolle Hinweise. Und wenn es schon keinen gültigen Stil mehr gibt, so könnten wir uns doch wenigstens darauf einigen, dass wir in der Tradition der Moderne stehen!
Die Einflüsse auf unsere Arbeit sind so vielfältig und so widersprüchlich, dass wir gestehen müssen: Die wesentlichen Richtungsentscheidungen entspringen nicht unserer intellektuellen Kraft, sind keineswegs immer so gut begründet, wie wir es gerne hätten. Der emotionale Diskurs im Büro, die eigene Laune, Stimmungen, Befindlichkeiten, Lust auf Mode oder das Besondere, Eigenartige - am Ende haben wir oft einen Entwurf, der uns einfach gefällt. Und dann funktioniert auch plötzlich alles.
Unsere Form vom Leben und Arbeiten in der Region hat nichts zu tun mit Regionalismus oder dem sogenannten landschaftsgebundenen Bauen. Es geht uns eher um Netzwerke statt Seilschaften, um Erkennen und Akzeptieren der Wünsche und Bedingungen unserer Baupartner. Es geht um das Arbeiten im Team, vor allem dem außerhalb unserer Büroräume. Wir wollen nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern von unserer Arbeit leben. Wenn uns dabei der Spagat gelingt, mit unseren Ideen kleine Beiträge für das (baukulturelle) Leben im Allgäu zu liefern, sind wir schon zufrieden. Wenn man uns lässt. Das reicht doch, oder?
f64 Architekten, 2003