Adresse:
Nesselwang
Auftraggeber:
privat
Architekturpreis:
Baupreis Allgäu 2023 - ausgewähltes Projekt
2. Preis Denkmalschutzpreis 2020 des Landkreises Ostallgäu
Beauftragte Leistung:
LPH 1-8 HOAI
Projektzeiten:
Planung:
ab 06/2015
Bauzeit:
von 09/2016 bis 04/2018
Projektgröße:
BRI: 2.843 m3
BGF: 911 m2
NGF: 601 m2
WF: 220 m2
Energiestandard:
EnEV
Projektbeteiligte:
Tragwerksplanung:
Merdian Baustatik, Durach
Brandschutzplanung:
Anwander, Sulzberg
Fotografie:
Rainer Retzlaff, Niedersonthofen
Ausgangspunkt
Der Ständer-Bohlen-Bau, dessen Haupttragwerk nach der chronologischen Untersuchung aus dem Jahre 1616/1617 stammt, wurde im Bereich des Wohnhauses um 1850 generalsaniert. Das heißt, dass in dem Gebäude, das nach den ersten 230 Jahren schon eine gewisse Schräglage erlangt hatte, Decken und Innenwände neu und lotrecht eingebaut, Raumhöhen vergrößert und die Außenwände mit neuen Bohlen ausgefacht wurden. Dies erfolgte wie üblich teils mit gebrauchtem Baumaterial. Aus der Zeit stammen Fenster, Türen und Wandverkleidungen des Wohnteiles. Seitdem wurde die Tenne um eine Achse verlängert, der Stall neu gemauert und zuletzt 1970 ein Bad eingebaut. In den letzten 100 Jahren ist wenig passiert - so war die Gebäudesubstanz zwar teilweise in einem schlechten Zustand, aber frei von sonst üblichen negativen Veränderungen.
Konzept
Im Vordergrund stand die Sanierung des Wohnhauses zu Wohnzwecken. Der Rest des Gebäudes sollte hauptsächlich statisch ertüchtigt und die Dachhaut erneuert werden, um den sicheren Erhalt für die nächste Zeit zu sichern. Die Grundrissstruktur des Wohnhauses erfuhr kleine Modifikationen. Das Versetzen der neuen Trennwand zur Tenne um 60cm schafft Stauraum und gibt den großen Fluren in EG und OG eine zusätzliche Funktion. Der neu erstellte Stall dient als Keller-Ersatz, da der Naturkeller nur als Lager für Gemüse und Wein funktionieren kann. Auf der Südseite des Stalls und auf der Nordseite des Flures wurden neue Loggien in das Bauvolumen integriert. Sie bieten überdachte Freibereiche und großzügige Belichtung der angrenzenden Räume. Die Flächen sind ohnehin groß genug.
Historische Baumaterialien wurden wo möglich an Ort und Stelle belassen, in einigen Fällen aus- und wieder eingebaut, schadhafte Teile in gleicher Weise mit neuem Material ergänzt. Das Gebäude wurde großteils unterfangen, die Außenwände außenseitig mit Zellulose gedämmt. Die ehemals verschindelten Schauseiten des Wohnhauses erhielten neue Rundschindeln, alle anderen Seiten, die eher landwirtschaftlich geprägt waren, sind mit sägerauhen Brettern verkleidet. Hier konnten auch größere Öffnungen geschaffen werden, die sich zwar in den Duktus einfügen, aber auch eine Spannung zu den feingliedrigen anderen Bauteilen aufbauen. Neue einfach verglaste Vorfenster verbessern die historischen Fenster.
Energie
Die Wärmeerzeugung erfolgt mit einem Gas-Brennwertkessel. Die Wärmeübertragung ist an die Bauteil-Temperierung nach Großeschmidt angelehnt, wurde jedoch mit etwas höherem Komfort ausgeführt.
Beurteilung durch die Jury des Denkmalschutzpreis 2020 des Landkreises Ostallgäu
(…) Im Kern von 1616 stammt das heutige Erscheinungsbild aus der Zeit von 1846 und Anfang 20. Jh. Es zeigt das typische Bild eines geschindelten Hofes der Allgäuer Kulturlandschaft. (Die Bauherren) haben diesen historischen Hof 2016 bis 2018 durch ihre fachgerechte und auch architektonisch anspruchsvolle Sanierung vor dem drohenden Verfall gerettet und ihm eine nachhaltige Zukunft gegeben. Er vereinigt Ortsgeschichte und Moderne und kann Vorbild sein für Umnutzungen von Bauernhäusern.
Veröffentlichungen
"weiter / nutzen, Umgebaute Bauernhäuser im Allgäu", architekturforum allgäu, DETAIL, 2022