Adresse:
Kempten
(privat)
Auftraggeber:
privat
Architekturpreis:
Häuser Award 2013: Anerkennung
Baupreis Allgäu 2013: Ausgewähltes Projekt
Beauftragte Leistung:
LPH 1-8 HOAI
Gebäudeplanung
Freianlagenplanung
Projektzeiten:
Planung: ab 03/2010
Bauzeit: 10/2010 - 09/2011
Projektgröße:
BRI: 2.083 m3
BGF: 594 m2
WF: 333 m2
Energiestandard:
KfW-Energieeffizienzhaus 70
(EnEV2009)
Jahres-Primärenergiebedarf: 39 kWh/m2a (ENEV - 41%)
Projektbeteiligte:
Tragwerksplanung:
Ingenieurbüro Lämmle, Wiggensbach
HLS-Planung:
Güttinger Ingenieure, Kempten
Elektro-Planung:
Kettner & Baur GmbH, Memmingen
Fotografie:
Rainer Retzlaff, Niedersonthofen
Situation
Das westlich des Stadtzentrums von Kempten liegende Baugrundstück ist geprägt von zwei grundlegend unterschiedlichen Baustrukturen. Östlich hangabwärts erzeugt eine flächige Terrassensiedlung eine 1-geschossige geschlossene Raumkante. Westlich davon schließt sich ein seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gewachsenes Quartier aus locker gesetzten Stadthäusern an, in dem ein letztes bebaubares Grundstück verblieben war. Die starke Durchgrünung, die ruhige Wohnlage und die Nähe zum Stadtzentrum kennzeichnen den hervorragenden Standort. Für die junge Familie sollte hier ein Haus in moderner Architektursprache entstehen.
Gebäudekonzept
Das zu realisierende Raumprogramm für das neue Haus der Familie war verbunden mit dem Wunsch, von möglichst vielen Aufenthaltsräumen aus einen direkten Zugang zum Garten zu erhalten und gleichzeitig das familiäre Zusammenleben in einem großzügigen Zentralraum zu konzentrieren. Unter Ausnutzung des um ein Geschoss ansteigenden Geländes wurde ein zweigeschossiges Gebäude entwickelt, das diese Qualität neben dem Hauptwohnraum auch allen Kinderzimmern, dem Gästebereich und der Lese- und Spielgalerie bietet.
Der winkelförmig um eine alte Blutbuche gelegte monolithische Betonbaukörper ist in einen weich modellierten parkartigen Freiraum gebettet. Die glatte Gebäudehülle wird durch großformatige Fensteröffnungen und Volumenausschnitte für Eingangsbereich, Terrassenraum und Loggia gegliedert.
Raumfolge
Der durch Heckenkörper gefasste Vorplatz wird durch eine „Filterschicht“ aus hochwachsenden Gras-Bändern gegliedert. Der überdeckte Hauszugang erschließt im Erdgeschoss den Gästebereich und die Nebenräume mit innerer Verbindung zur Garage. Über eine halbgeschossige Treppe gelangt man in den 3,80 Meter hohen zentralen Wohnraum - zusammen mit der überdachten Terrasse ein ca. 100 m2 großes Raumkontinuum auf zwei Ebenen. Durch die stützenfreie Spannweite von 10 Metern und die großflächigen Verglasungen fließt hier der Außenraum von Nord nach Süd nahezu vollständig durch das Gebäude. Die eingestellte Einbaumöblierung zoniert den Raum in den Koch-Ess- und Wohnbereich auf der unteren Ebene und eine Spielgalerie auf der oberen Ebene. Von hier werden der Kinderbereich auf der Westseite bzw. der Elternbereich auf der Ostseite erschlossen. Kinder- und Elternbereich wirken jeweils wie eigene Gebäudeteile. Die angebotene Raumfolge bietet allen Bewohnern Gelegenheit für Rückzug, aber auch den Bezug zur gemeinsamen Mitte durch vielfältige nach innen gerichtete Blickbeziehungen. Der Kinderbereich läßt sich bei Bedarf durch den Einbau einer Türe akustisch abkoppeln. Der Gästebereich im Erdgeschoss bietet variable Möglichkeiten für spätere Familienkonstellationen.
Materialität
Das Gebäude ist vollständig aus kerngedämmten Wänden aus Beton als Halbfertigteilkonstruktion ausgeführt. Dabei bleiben äußere und innere Wand- und Deckenflächen weitgehend sichtbar. Während die anthrazitbeschichteten Fenster einen zurückhaltenden Kontrast zu den Betonflächen zeigen, signalisiert die Eingangs- und Garagentornische durch ihre Eichenholzoberfläche die besondere Funktion. Das präzise ausformulierte Fugenbild der äußeren Betonflächen erklärt die Konstruktionsart aus vorfabrizierten Bauteilen.
Um ein gewisses Maß an Installationsflexibilität während der Bauzeit zu erhalten, wurden die Innenwände aus Ziegelwänden gemauert und glatt verputzt. Zusammen mit der durchgehend weißen Einbaumöblierung und den weißen Innentüren ergibt sich ein differenziertes Wechselspiel mit den Betonflächen. Im Erdgeschoss sind die Böden fugenlos mit dunkel eingefärbtem Zement beschichtet. Im Obergeschoss korrespondieren rustikale Eichenholzdielen und Eichenholzfenster mit den Betonflächen.
Energie- und Haustechnikkonzept
Die Energie wird mit einer Sole/Wasserwärmepumpe mit Erdsonden (2x110m Länge) erzeugt. Die Wärmeübergabe erfolgt in angenehmer Strahlungswärme durch die thermische Aktivierung der sichtbaren Betondecken. Zur Optimierung wurden die Rohrregister bereits im Werk in die untere Lage der Halbfertigteilplatten eingelegt (Rudolph Green Code Klimadecke). Im Sommer kann dieses System auch zur Kühlung herangezogen werden. Eine hochwärmegedämmte Gebäudehülle sowie eine kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ergänzen das Energiekonzept. Die Anforderungen zum KfW-EH 70 werden deutlich unterschritten.
Als innovative Konstruktion wurden zur Verbesserung der Raumakustik in der großen Halle Reapor-Absorberstreifen in die vorgefertigten Deckenelemente integriert (Rudolph Audiotherm-Decke). Neben der Lüftungsanlage sorgt auch die zentrale Staubsaugeranlage für optimale Lufthygiene.
Veröffentlichungen
edition:schwaben, Ausgabe 2/2012
Häuser 6/2012, Laura Weissmüller: "Häusliche Harmonielehre"
architektur FACHMAGAZIN, Ausgabe 05/2012
db deutsche bauzeitung, Ausgabe 10/2012
Baukultur, Ausgabe 01/2013
BDA Preis Bayern 2013, Auflage 2013
Häuser für Familien - Wohnen mit Kindern Die Besten der Besten, DVA, 2013
Beton + Zement, Ausgabe 02/2013
Architekturforum Kempten, Baupreis Allgäu 2013, Die Projekte, Kempten, 2013
BDA Bayern, thomaswechspreis 2015, architekturpreis für Schwaben, Augsburg 2015
AIT. Die Zeitschrift für Architektur, Ausgabe 07/2016
100 Deutsche Häuser, 100 Medien GmbH, Ausgabe 2016/17