Entwicklung eines städtebaulichen Gestaltungskonzepts für den Stadtplatz und Teile der Hauptstraße in Lindenberg im Allgäu und Neugliederung der Bebauung im Umfeld des Rathauses, Einladungswettbewerb, 3. Preis

    Auftraggeber:

    Stadt Lindenberg i. Allgäu

    Wettbewerb:

    Einladungswettbewerb - 3. Preis

    Projektzeiten:

    Entscheidung 07/2012

    Projektbeteiligte:

    realgrün Landschaftsarchitekten, München

    Ziel des vorgeschlagenen Gestaltungskonzeptes ist die Weiterentwicklung einer prominenten innerstädtischen Situation im Kontext verschiedenster zeithistorischer Veränderungen, Überformungen und Umnutzungen. Den Zielvorstellungen des ISEK folgend soll die Stadtmitte definiert und durch städtebauliche und gestalterische Maßnahmen aufgewertet werden. Besonderes Augenmerk gilt hier den Stadträumen entlang der Achse Stadtplatz – Hauptstraße zum sogenannten Reichgelände und den anschließenden Querstraßen und Gassen und den angelagerten Platzaufweitungen. Diese werden wieder differenziert und kontextuell erfahrbar.

    Fane und profane Stadtstrukturen, wie Stadtplatz mit Rathaus, die Einkaufsstraße Hauptstraße oder das Kirchenumfeld von St. Peter und Paul an der Goethestraße werden entsprechend ihrer stadthistorischen Bedeutung wieder in eine spannungsreiche Beziehung gesetzt.

     

    Platzbildung am Oberen und Unteren Stadtplatz

    Über eine einfache bauliche Ergänzung am Übergang vom unteren zum oberen Stadtplatz erfolgt die erforderliche räumliche Definition der Platzkanten, mit engen und weiten Stadträumen. Am unteren Stadtplatz wird das Gebäude Hauptstraße 66 zur städtischen Bücherei umgebaut. Empfang und Ausleihe finden sich im Erdgeschoss. Der zweigeschossige Lesesaal ist zum Rathaus hin zu orientiert, um den Blick über den Baum bestandenen Stadtplatz freizugeben.

     

    Stadtboden

    Auf dem unteren Stadtplatz werden die bestehenden Stellplätze neu geordnet und geringfügig reduziert, sodass dem bestehenden Cafe ein adäquater Außenbereich zugeordnet werden kann. Stellplätze werden gegenüber an der Hauptstraße im Bestandsbereich kompensiert. Die Rampenanlage ermöglicht eine barrierefreie Erschließung von der Hauptstraße über den unteren Stadtplatz zum oberen Stadtplatz. An der Westseite des oberen Stadtplatzes wird ein neues Pflanzbeet situiert. Es markiert in Verbindung mit der Neupositionierung des Maibaumes auf der Platzfläche die neue Wegeverbindung zur Goethestraße und weiterführend zur Kirche St. Peter und Paul. 

     

    Innerstädtische Entwicklung

    Der vorgeschlagene Neubau im Westen des Platzes könnte als innerstädtisches Hotel über eine Gastronomie im Erdgeschoss den Platz dauerhaft aktivieren und die neu geschaffenen Freibereiche unter der prägnanten Rotbuche zu nutzen. In Zuge der Entwicklung werden Trafo und öffentliches WC, die gegenwärtig den Platz verunklären, in die neu entwickelten Gebäude integriert.

    Die neue Treppenanlage als Verbindung zur Sedanstraße lädt zum Verweilen ein und bietet einen freien Blick auf den gesamten Platz. Durch diesen Umbau wird das Rathaus wieder frei gestellt.

    Der öffentliche Raum wird belebt, indem der Rathauszugang vom Stadtplatz her entwickelt wird und Funktionen mit intensivem Parteienverkehr im Sockelgeschoss des Rathauses als Bereich für den Bürgerservice eingerichtet werden. Somit erhält das Rathaus eine klar auffindbare Adresse und zusätzlich den Raum mit seinem vielfältigen öffentlichen Anlässen auch außerhalb der Markttage den Stadtplatz zu beleben.

    Alte Fotografien zeigen die Stadterweiterung mit dem Rathausneubau, Villen in Gartengrundstücken und den Kirchenbau. Im Gegensatz zu einer rein rekonstruktiven Herangehensweise ist das vorgeschlagene Gestaltungskonzept von einer interpretativen abstrakten Darstellung der historisch begründeten Stadträume bestimmt. Die Hauptstraße wird im Kontext mit den bestehenden Belagsstrukturen des Stadtplatzes (Porphyrpflaster) und der angrenzenden Straßenräume (Asphalt mit Pflasterbelägen) als homogener, durchgängiger Granitpflasterbelag im Gesamtstadtraum definiert. Damit erfährt sie eine ihrer historischen und funktionalen Bedeutung entsprechende subtile Überhöhung und Zeichnung durch einen durchgängigen neuen grau- beigefarbenen Granitpflasterbelag.

    Geh-, Parkierungs- und Fahrbereiche werden materialkonform in niveaugleichen Ausbau als verkehrsberuhigte Mischverkehrzone mit Tempo 20 vorgeschlagen. Die Fahrbahn wird mit einem 3 cm- Stich von den Geh- und Parkierungsbereichen abgesetzt. Neue Baumpflanzungen aus standortgerechten Wildbirnenhochstämmen befördern ein identitätsstiftendes Erscheinungsbild, zeichnen die Achse zum Reichgelände und gliedern den Straßenraum. 

    Der Gesamtraum des Stadtplatzes erfährt durch den Neubau und die daran angelagerten Stufen- und Rampenanlagen eine klare städtebauliche Fassung. Oberer und unterer Stadtplatz werden kontextuell mit eigenen Atmosphären, Aufenthalts- und Nutzungsqualitäten entwickelt. Beide Platzbereiche können für Feste und Veranstaltungen zusammengeschaltet werden. Durch die Neuordnung ergeben sich großzügige Aufstellmöglichkeiten für die Wochenmarktnutzung. Ein 400 qm Membran als temporärer Wetterschutz wird in den Baumbestand „eingewoben“.

    Die Brunnenskulptur wird in der Platzmitte freigestellt. Störende Bänke entfernt. Neue Sitzgelegenheiten mit unterschiedlichen Aufenthaltsatmosphären und Ausblicken werden umlaufend an den Platzrändern angeboten. Ausstattungslemente, wie Sitzbänke, Poller, Papierkörbe, Fahrradbügel und Mastleuchten werden in Baubronze, bestehende Ausstattungselemente baubronzefarben lackiert vorgeschlagen. Über eine Gestaltungsatzung soll die Außengastronomie einem einheitlichen Erscheinungsbild mit werbefreiem Mobiliar und Sonnenschirmen unterworfen werden. 

    Für den innerstädtischen Bereich des Stadtplatzes und der Hauptstraße wird ein Masterplan zur gestalterischen Entwicklung des Stadtkerns vorgeschlagen. Defizite im Gebäudezustand und in der Nutzung der Erdgeschoßzonen sollen schrittweise aufgehoben werden und somit die Attraktivität der Hauptgeschäftsstraße steigern.

    Angelagerte Platzaufweitungen werden durch Treppen- und Rampenanlagen zoniert, mit kombinierten Pflaster und Plattenbelägen aus Granit belegt und somit in das übergeordnete Materialkonzept eingebunden. Zusätzliche Baumbänke und Sitzgelegenheiten laden zum verweilen ein. Untergeordnete Querstraßen werden in den Kreuzungsbereichen partiell zurückgebaut. Die Straßenachse Hauptstraße erhält somit unter Berücksichtigung der Bestandsmaterialisierung der Querstraßen eine ihrer zentralen Bedeutung entsprechende Ausprägung. Ziel ist eine reduzierte Farbwelt durch Begrenzung auf wenige durchgängige Materialien, somit kann das klare unaufgeregte Entwurfskonzept langfristig auch auf weitere direkt angrenzende Teilbereiche des Stadtzentrums ausgedehnt werden.

    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
    Bild zum Projekt Wettbewerb Platzgestaltung Lindenberg
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