Auftraggeber:
die Sozialbau, Kempten
Wettbewerb:
Städtebaulicher Ideen- und Realisierungswettbewerb
Projektzeiten:
Planung: 2009
Projektbeteiligte:
Tragwerksplanung:
Dr. Schütz Ingenieure, Kempten
Freianlagenplanung:
Marita Zinth, Immenstadt
Städtebau
Vorgeschlagen werden drei städtebauliche Interventionen, die den Eingang zur Altstadt und die Innenhofbereiche an dieser Stelle neu ordnen: Bebauung des Grundstücks Nr. 239 mit einem neuen Verwaltungsgebäude, Überbauung und Erweiterung des eza-Pavillons, baukörperliche Ergänzung des Seniorenhauses.
Situation Burgstrasse
Durch das neue Verwaltungsgebäude wird die Bebauung entlang der Burgstraße in Maßstab, Duktus und Typologie homogen bis zum Sängerhaus fortgesetzt. First- und Trauflinie des Soloplan- Gebäudes werden weitergeführt. Die leichten Knicke im Gebäude verkürzen durch den unterschiedlichen Lichteinfall die Fassade optisch. Eine einfache Lochfassade im Raster der Büronutzung wird überlagert mit wenigen Fenstern im gleichen Sonderformat und den großformatigen Öffnungen Haupteingang und TG-Einfahrt. Dadurch entsteht eine eigenständige, wieder erkennbare Fassadengliederung, die jedoch die Nähe zur bestehenden Nachbarbebauung sucht.
Situation Stadtmauer / Burgstraße
Durch den Rücksprung des neuen Verwaltungsgebäudes gegenüber dem Sängerhaus entsteht eine Aufweitung des Straßenraumes. In dieser Aufweitung kommen die Reste der Stadtmauer zu neuer Geltung. Das Sängerhaus erfährt durch die teilweise Freistellung eine durch den Denkmalschutz begründete Sonderstellung. Im Zusammenhang mit der gegenüberliegenden Erweiterung des eza-Pavillons bildet sich eine Engstelle, welche diesen Altstadtzugang neu interpretiert.
Situation „An der Stadtmauer“
Durchschreitet man von der Burgstraße kommend den neu formulierten Altstadteingang, so weitet sich der Straßenraum wieder zu einem Platzraum. Der bisher schwebende eza-Pavillon wird durch seine Erweiterung „geerdet“ und so vergrößert, dass er nun zweigeschossig eine Vorderseite zu diesem Platz bildet. Diese neue Raumsituation kann als Reminiszenz an den historisch 50 m weiter westlich gelegenen „Suppenbichl“ gelesen werden. Die Lücke zwischen Sänger- und Seniorenhaus wird durch den vorgeschlagenen Anbau an dieser Stelle schmäler und definiert Straßen- und Hofraum gleichermaßen.
Innenhofbereiche
Die Blockrandbebauung zwischen St.-Mang-Platz, Bäckerstraße, Burgstraße, An der Stadtmauer und Schützenstraße begrenzt einen verschieden geprägten Innenhofraum: Im Osten dominieren heterogene Zwischen- und Resträume, die durch Ein- und Anbauten entstehen. Der westliche Bereich hat eine klarere Fassung, wirkt dadurch als großzügiger gemeinsamer Raum. Das neue Verwaltungsgebäude ordnet an der Nahtstelle dieser beiden Innenhofbereiche nun die Raumqualitäten neu. Das Gebäudevolumen entsteht zunächst durch Absenken des geneigten Daches bis auf das Niveau des 2-geschoßigen Verbindungsteils zum St.-Mang-Platz, die Qualität des Baudenkmals St.-Mang-Platz 1 wird gestärkt. Die West- und Ostfassaden führen in einfacher Diagonallinie von den Traufen des Blockrands zum Verbindungsteil. Dadurch werden die beiden Hofräume auf selbstverständliche Weise abgeschlossen, die Maßstäblichkeit bleibt gewahrt.
Stadtboden
Straßenraum
Der Straßenraum „An der Stadtmauer“ wird als einheitlicher Stadtboden aufgefasst. Der Bereich ab der Einfahrt zur Altstadtgarage bis zum Seniorenhaus wird verkehrsberuhigt. Durch Rückbau bestehender Zonierungen und Verwendung eines einheitlichen, niveaugleichen, gesägten Pflasters entsteht ein Weg-Platz-Kontinuum. Eine großzügige Treppenanlage setzt den Stadtboden zwischen Stadtmauer und optionaler Erweiterung des EZA-Pavillons fort und klärt den Niveauunterschied zur Burgstraße. Dadurch wird die Wirkung der Stadtmauer gestärkt. Der Erhalt der Bestandsbäume im Bereich der Stadtmauer unterstreicht ihren historischen Wert und nimmt Bezug auf zum Hügel der Burghalde. Reihen kleinkroniger, lichtlaubiger Bäume gliedern den neu gewonnenen großzügigen Stadtraum, einzelne Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen ein.
Innenhofbereiche
An der Nordkante des Sängerhauses endet der öffentliche Bereich, hier wechselt der Belag. Ziel ist es, den Hofbereich vom Straßenraum abzugrenzen und mit offener Gestaltung und verbindenden Elementen einen Bereich zu formulieren, der als gemeinsamer Raum erlebt wird. Großformatige, polygonale Natursteinplatten bilden den gemeinsamen, Grundstücksgrenzen überschreitenden Boden. Durch die Differenzierung in der Fugenbreite wird auf unterschiedlich stark frequentierte Zonen reagiert. Die breiten, mit Gras bewachsenen Fugen verleihen der Fläche einen grünen Schimmer. Leicht modellierte Rasenflächen, mit Bäumen überstandene „Schollen“, gliedern den Hof.
Planungsziel für das eza - Gelände
Die Weiterentwicklung des eza-Geländes wird in Form einer Erweiterung und Überformung des Pavillons vorgeschlagen mit dem Ziel einer städtebaulichen Beruhigung der Situation. Der neue Baukörper nimmt mit seiner östlichen Außenkante die Flucht des Sängerhauses auf. Im Satteldach können die bisher additiv auf dem Flachdach stehenden Solarmodule integriert werden.
Zur neuen Platzsituation „An der Stadtmauer“ zeigt sich die Erweiterung der eza als Vorderseite. Es entsteht eine neue zusätzliche Eingangssituation, die über den attraktiv gestalteten Platz an mögliche weitere Büroflächen und die Altstadtgarage angebunden ist. Eine bauliche Verbindung mit der neuen Bürobebauung auf dem Grundstück Nr. 239 wird als städtebaulich unverträglich und unangemessen erachtet.
Planungsziel für das Grundstück Nr. 238
Ziel des städtebaulichen Vorschlages ist es, vor allem die räumliche Situation im Innenhof und auf dem Platz zu verbessern. Die Parkierung soll in die neue Tiefgarage verlegt und der Hof in gestalterischer Einheit mit Grundstück 239 zur gemeinsamen Nutzung gestaltet werden.
Der vorgeschlagene Neubau zwischen Senioren- und Sängerhaus definiert sowohl den Hof-, als auch den Straßenraum besser und schafft die notwendige Trennung. Die Gebäudetiefe ist ausreichend für Wohnnutzung oder Dienstleistung. Idealerweise könnte auch das Seniorenhaus in den Anbau hinein auf allen Ebenen erweitert werden.
Das neue Verwaltungsgebäude
Das neue Bürogebäude „an der Stadtmauer“ soll eine neue Adresse für attraktive, flexible und individuelle Büroflächen werden. Während zur Stadt eine homogene Ergänzung der vorhandenen Blockrandbebauung geschaffen wird, entstehen im Inneren abwechslungsreiche Nutzungseinheiten, die ihre eigene „Adresse“ innerhalb des Komplexes haben. Durch das gewählte Gebäudevolumen wird eine optimale Grundstücksausnutzung bei gleichzeitiger städtebaulicher Verträglichkeit erreicht. Der aus dem Baukörper ausgeschnittene Innenhof sorgt für Belichtung, Orientierung und Aufenthaltsqualität im Gebäudeinneren, insbesondere die Dachgeschoss-Ebene kann so raumhoch geöffnet werden.
Erschließung
Über den Haupteingang und das Treppenhaus wird ein innerer „öffentlicher“ Erschließungsweg erreicht, der das Gebäude in Süd-Nord-Richtung entlang der „inneren Adressen“ bis zur Anbindung an das Gebäude St.-Mang-Platz 1 durchquert. In Verbindung mit dem angelagerten Lichthof entsteht so ein einfaches, eindeutiges aber dennoch räumlich differenziertes Erschließungssystem.
Nutzungseinheiten und Flexibilität
Durch die spezielle Dachform entstehen besondere Innenräume. Eingangs- und Besprechungsbereiche sind in den Ober- und Dachgeschoßen überhöht und bilden großzügige Raumsituationen. Nutzungseinheiten zwischen 180 und 400 m² sind kombinierbar und im Ostflügel entlang des öffentlichen Flures auch teilbar. Durch die Skelettstruktur des Bauwerks könne entsprechend der Nutzerwünsche Einzel- Großraum- oder Kombibüros realisiert werden. Durch den geplanten Doppelboden und eine abgehängte Decke ist die Ausstattung des Gebäudes stets an wechselnde Bedürfnisse anpassbar.
Stellplätze
In den zwei Tiefgaragengeschossen stehen 82 Stellplätze zur Verfügung. Eine Erweiterung der Tiefgarage auf Grundstück Nr. 238 wird vorgeschlagen, um den Hof autofrei zu gestalten. Auch die Besucher der eza werden die Tiefgarage nutzen, denn die Besucherstellplätze hinter dem Haus entfallen künftig.
Fassaden
Allseitig bestimmt die verputzte Lochfassade die Ansichten. Die großzügigen Fenster mit 1,5m Breite liegen tief in der Laibung, ein außen liegender Sonnenschutz wird in der Fassade integriert. Als einziges Sonderformat in der Fassade gibt es ein raumhohes quadratisches Fensterelement, welches von einem kräftigen Rahmen definiert wird und in der Ebene vor dem Putz sitzt. Dieses Element akzentuiert frei verteilt die Fassaden und markiert besondere Nutzungen im Inneren. Im Dachgeschoß taucht es als schlank definierte Gaube auf. Die Gaube liegt in derselben Einbausituation vor der Putzfassade und verschneidet sich in den Hoffassaden tief mit der fallenden Trauflinie.
Tragwerk
Der Baukörper ist für maximale Flexibilität der Innenräume in Stahlbeton-Skelettbauweise mit massiven Außenwänden geplant. Die Decke zwischen Tiefgarage und Erdgeschoss wird als Last verteilende Hohlkörperdecke ausgelegt. Dadurch kann über einer wirtschaftlich geordneten Tiefgarage ein städtebaulich optimiertes Gebäude situiert werden.